Der Diplom-Psychologe Roland Kopp-Wichmann ist in der Einzel- und Paartherapie tätig. Er beschreibt in seinem unterhaltsamen Buch, wie Männer ihre Beziehungen (zu ihren Ehefrauen) verbessern können.

Ich versuche hier die Botschaft des Autors darzustellen:

Der erwachsene Mann

Ein Mann ist erwachsen, wenn er eine intime, gleichberechtigte Beziehung zu einem anderen erwachsenen Menschen über längere Zeit aufrecht erhalten und geniessen kann und zugleich einen angemessenen Kontakt zu seinen Eltern pflegen kann.

Hauptproblem

Die Ursache der (Beziehungs-) Probleme der Männer ist, dass sie sich nicht oder zu wenig von ihren Eltern abgelöst haben.

Die Symptome eines nicht abgelösten Mannes

  • Es fällt ihm schwer, eigene Wünsche zu spüren und zu äussern.
  • Er vermeidet es „nein“ zu sagen.
  • Er äussert seinen Ärger oder Unmut selten direkt.

Verhaltensweisen des nicht abgelösten Mannes

  • Seine Partnerin ärgert sich häufig über ihn. Er vergisst seine Socken zu verräumen, er vergisst den Geburtstag der Partnerin (jedoch nicht den seiner Mutter).
  • Er verweigert Entscheidungen. Es fällt ihm schwer mit seiner Partnerin zum Beispiel die Ferien zu planen.
  • Er versucht sie Frau zu dominieren oder er unterwirft sich.
  • Er führt heimlich ein Doppelleben mit einer Geliebten.

Empfehlungen für die Ablösung

  • Seinen Frieden mit dem Vater machen: Auch Ihr Vater war mal ein Junge und wurde durch die Erfahrungen mit seinem Vater stark geprägt. Ihr Vater verdient Ihren Respekt, egal wie er war, und egal was er gemacht hat.
  • Eine gleichberechtigte Beziehung führen: Die Macht wird geteilt oder verhandelt. Keiner kann oder will den anderen zwingen.
  • Sich für eine einzige Frau entscheiden. Zum Erwachsensein gehört die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen. Manche Menschen haben damit Schwierigkeiten, weil eine Entscheidung auch immer den Verzicht beinhaltet.
  • Sich gegen seine Mutter stellen können. Wenn ein Mann eine Frau zu seiner Partnerin wählt, kann er daneben kein Mutter-Sohn-Verhältnis mehr haben. Er muss sich von ihr lösen.

Symptome sind Lösungen

Es ist schwierig gewisse Verhaltensweisen zu beseitigen, z. B. Unpünktlichkeit, Suchtverhalten (wie rauchen, trinken, einkaufen), dauerndes Jammer oder rituelles Streiten. Diese Verhaltensweisen sind nicht das eigentliche Problem. Sie sind die Symptome zugrunde liegender anderer Probleme. Probleme sind die Lösung eines inneren Konflikts.

So ist zum Beispiel häufige Unpünktlichkeit die Lösung für jemanden, der sich nicht abgrenzen und schlecht „nein“ sagen kann. Suchtverhalten ist die beste Lösung, um unangenehme Gefühle zu regulieren. Dauerndes Jammern bedeutet, dass man nichts ändern möchte, aber Zuwendung erhalten möchte. Rituelles Streiten dient dem Zweck für eine Weile Abstand zu erhalten.

Experimente zur Ablösung

Mangelnde Ablösung von seinen Eltern könnte man auch als Lösung eines inneren Konflikts auffassen statt als das Problem. Um diese aufzuspüren könnte man seine eigene gefühlsmässige Reaktion auf die folgenden Aussagen beobachten:

  • Stellen Sie sich vor, sie rufen zuhause an und sagen, dass sie nun nur noch alle zwei Wochen anrufen.
  • Sie schulden Ihren Eltern nichts.
  • Verbringen Sie privat Zeit mit Männern.

Experimente zur Identität

  • Sorgen Sie besser für Ihren Körper.
  • Fragen Sie sich: Woher stammt Ihr Männerbild?
  • Schreiben Sie einen Brief an Ihren Vater oder an Ihre Mutter. Schreiben Sie alles nieder, was Sie ihnen gerne sagen würden. Sie brauchen den Brief nicht abzuschicken.

Vorschläge zur Verbesserung von Beziehungen

  • Betrachten Sie Ihre Beziehung als Lernfeld.
  • Kritisieren Sie das Verhalten des Partners, nicht den Menschen.
  • Äussern Sie Wünsche, nicht Beschwerden. („Könntest du bitte…?“ nicht: „du machst immer … !“)
  • In Krisensituationen sollte man Zwiegespräche durchführen. Das sind wöchentliche stündliche Gespräche, wo jeder abwechslungsweise jeweils 10 Minuten darüber redet, was ihn/sie beschäftigt. Der andere hört zu, ohne zu bewerten, ohne eine Antwort vorzubereiten.

Mein persönlicher Kommentar

Mir scheint, dass der Autor unter einem erwachsenen abgelösten Mann etwa das gleiche versteht, wie ich unter einem Alpha: ein unabhängiger, männlicher, starker Mann, wobei der Autor weniger Wert auf die starke männliche Seite zu legen scheint. Er meint, dass sich der Mann von zu Hause ablösen muss und dann ist er ein MANN. Sich ablösen ist sicher eine gute Sache, ich frage mich allerdings ob man allein dadurch ein MANN wird. Meines Erachtens ist Männlichkeit etwas das man sich zusätzlich erarbeiten muss.

Das Buch geht davon aus, dass beide Partner ihre Beziehung verbessern wollen. Natürlich ist das nahe liegend, denn nur diese Paare besuchen eine Therapie. In diesen Fällen ist wohl das Zwiegespräch sehr hilfreich. Ich bin ja kein Zwiegesprächexperte, jedoch erhalten beide durch das offene Gespräch die Möglichkeit sich selbst weiterzuentwickeln und es bewirkt Wohlfühlen.

Ich sage hier immer wieder es brauche zwischen Mann und Frau das Gefühl der sexuellen Anziehung und des Wohlfühlens. Das Zwiegespräch erzeugt Wohlfühlen, aber keine Anziehung. Jedoch scheint mir die fehlende Anziehung in vielen Fällen das Problem einer Beziehung zu sein. Aber eben, wo es an Anziehung fehlt, wird das Paar nicht gemeinsam zur Therapie gehen.

Es ist ein politisch korrektes Buch, das heisst es richtet sich vor allem an Männer, aber auch Frauen werden es mögen. Es propagiert gleichberechtigte Beziehungen. Das ist etwas schönes, aber es geht immer nur um das Wohlfühlen. Mir kommt einfach die sexuelle Anziehung zu kurz. Klar wollen Frauen gleichberechtigt sein und das ist auch in Ordnung so. Aber sie wollen auch einen männlichen Mann, der sagen kann wo’s lang geht. Sie wollen einen starken Mann. Das ist was die Leidenschaft und das Feuer in eine Beziehung bringt!

Das soll jetzt aber nicht negativ klingen. Ich las das Buch gerne, erhielt ein paar neue Einsichten und musste oft schmunzeln, vor allem bei den vielen Beispielen aus der Praxis des Autors.

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