Ich bin gerade fertiggeworden mit diesem faszinierenden Buch über Evolution und Sex von Matt Ridley. Er untersucht wie sich die Evolution auf Menschen und Tiere ausgewirkt hat, stellt Vergleiche an und zieht verblüffende Schlüsse. Ich gebe einige interessante Details wieder. Das Buch geht natürlich viel tiefer. Ich hoffe ich erzähle keinen Mist…

Der englische Buchtitel heisst Red Queen. Mit einem „Red Queen Rennen“ ist gemeint, dass man sich dauernd weiterentwickeln muss, um im Vergleich zu den anderen am gleichen Ort bleiben. Es geht um die sexuelle Selektion und um das Überleben der eigenen Spezies (siehe auch Wikipedia).

Warum haben wir Menschen überhaupt Sex?

Es gibt Lebewesen, die machen einfache Zellteilung, um sich zu vermehren. Warum Sex? Die Antwort ist verblüffend: Um resistent zu sein gegen Parasiten, wie Bakterien die in uns leben. Sie verändern ihren genetischen Code laufend und leben über mehrere Generationen während einer des Menschen. Sie passen sich dem Menschen an. Durch Sex werden die Gene von Frau und Mann gemischt und das Kind erhält einen neuen genetischen Code und ist dadurch gegen die Parasiten immun. Ein Red Queen Rennen.

Der Pfau

Es gibt zwei Theorien, was wir in unserem Partner wollen: Gute Gene (sehr gut an die Natur angepasst, überlebensfähig in der Umgebung) oder einen sexy Partner, der sexy Nachkommen zeugt. Es ist beides am Werk. Ein interessantes Beispiel ist der Pfau. Seine Schwanzfedern sind sexy, aber für das Überleben ab einer bestimmten Länge nicht mehr praktisch. Die Weibchen wollen trotzdem das Männchen mit den längsten Federn und dem schönsten Muster. Jene Pfaue mit den längeren Federn pflanzen sich häufiger fort. Es findet ein Red Queen Rennen um die längsten Federn statt. Sie werden immer und immer länger.

Polygamie – Die Natur des Mannes

Männer brauchen nicht viel Energie, um ein Kind zu zeugen. Millionen von Spermien sind dauernd bereit und es dauert nicht lange. Bei Frauen ist das Gegenteil der Fall. Sie können nur ein Kind aufs mal austragen und es dauert 9 Monate. Ein Mann kann seinen Reproduktionserfolg steigern, indem er mehrere Frauen hat. Eine Frau jedoch könnte mit mehreren Männern nicht mehr Nachkommen zeugen.

Als die Menschen Jäger und Sammler waren – und seit damals haben sich unsere Gene nicht so wahnsinnig stark verändert -, hatte ein Mann nicht die Möglichkeit genügend Nahrung zu beschaffen für mehr als eine Familie. Sie waren deshalb monogam. Die Erfindung der Landwirtschaft ermöglichte es einzelnen Männern genügend Nahrung zu produzieren für ein ganzes Harem. Einige die es sich leisten konnten waren polygam. Spätere Könige, Kaiser und andere Herrscher hatten Harems mit bis zu ein paar Tausend Frauen. Männer nützten Macht, Status und Reichtum für ihren Erfolg in der Reproduktion aus. Eine andere Möglichkeit wie Männer ihre Reproduktion steigern können: sie sind in einer monogamen Beziehung und schwängern dann andere Frauen. Anscheinend haben heutzutage 10% der Kinder einen anderen Vater als sie denken.

Monogamie – Die Natur der Frau

Eine Frau braucht einen Mann zum Aufziehen der Kinder. Zumindest war das früher so. Sie gingen deshalb Paarbeziehungen ein oder traten in ein Harem. Falls ein Mann reich ist und ein Harem besitzt, so ist das unter Umständen besser für sie, als wenn sie mit einem armen Mann eine Paarbeziehung eingeht.

Natürlich möchte jede Frau den besten Mann. Wenn allerdings alle Frauen Paarbeziehungen eingehen, so ist es einleuchtend, dass die meisten Frauen nicht den besten Mann kriegen. Eine Möglichkeit für die Frau bessere Gene zu erhalten ist fremdgehen. Wenn sie es geschickt macht und nicht erwischt wird, hilft der eigene Mann beim Aufziehen der fremden Kinder.

Ein weiterer Grund für die Paarbeziehung (bei Löwen ist das so): Angenommen eine Löwin hat ein Junges mit einem Löwen. Kommt ein neues Löwenmännchen dazu, so tötet er das Junge des anderen Männchens, damit das Weibchen ein neue Junge bekommen kann mit ihm. Beide wollen ihren Nachwuchs beschützen und bleiben deshalb zusammen.

Geschlechtspezifische Gehirne

Die meiste Zeit über seit es Menschen gibt, waren sie Jäger und Sammler. Die Männer jagten und waren deshalb angewiesen auf Ihre Fähigkeit, den Weg durch den Wald und nach Hause zu finden (Orientierungssinn, heute: Landkarte lesen) und sie benützten ihr räumliches Vorstellungsvermögen auf der Jagd. Frauen waren daheim mit Kindern und anderen Frauen. Ihre Fähigkeiten: Gefühle und Wünsche der Kinder erkennen und darauf reagieren, kommunizieren mit den anderen Frauen, Beziehungen pflegen und manipulieren der Männer, ihnen zu helfen. (Das letzte gefällt mir ;-))

Entsprechend dieser benötigten Fähigkeiten entwickelte sich das männliche und das weibleiche Gehirn nicht ganz gleich.

Schönheitsideal

Männer wollen Jugendlichkeit und Gesundheit in Frauen (Physisches Aussehen). Frauen wollen das auch aber noch wichtiger ist ihnen: Status und Dominanz.

Warum wollen Männer schlanke Frauen? In der Rennaissance war das Schönheitsideal der Frau eher dicklich. Damals war dünn ein Zeichen für Armut. Heute vermögen reiche Frauen eine Diät, die sie schlank macht. Schlankheit ist heute ein Statussymbol, obwohl Schlankheit eigentlich nachteilig ist, um viele Kinder zu gebären. Aber wenn die anderen Männer auch schlanke Frauen wollen, dann wird es bei den Töchtern oder Söhnen gleich sein und die Eigenschaft und die Vorliebe dafür verbreitet sich. Ein wenig enttäuscht meint Matt Ridley 615-544-7484 , diese Begründung sei zirkulär aber leider finde er keine bessere Erklärung.

Dafür ist ein kleines Taille-Hüft-Verhältnis wichtig. Es ist nötig, damit Babys überhaupt geboren werden können. Deshalb finden Männer ein möglichst kleines T-H-Verhältnis sexy.

Obsession von Jugendlichkeit. Das ist auch ein Red Queen Rennen. Angenommen eine verwitwete Frau sieht jugendlicher aus als eine andere, so findet sie eher wieder einen Mann und ihre Töchter werden das gleiche Gen besitzen…

Warum haben Menschen ein so grosses Gehirn?

Höhlenmenschen hatten nur einfache Werkzeuge. Um diese Fähigkeiten zu beherrschen brauchten sie nicht ein so grosses Gehirn. Trotzdem entwickelte sich das Gehirn des Menschen über vier Millionen Jahren bis zur Grösse des Homo sapiens enorm stark. Warum nur? Weil wir immer mehr lernen müssen? Wegen unserer Kultur?

Nein. Das Gehirn stellt für verschiedene Fähigkeiten wie Sprache, das Sehen oder für das Verstehen von sozialen Interaktionen spezielle Zentren zur Verfügung.

Als Kleinkinder können wir sehr einfach eine Sprache erlernen. Dazu brauchen wir keine Kenntnis von Grammatik. Wir lernen die Sprache ganz natürlich. Die Struktur von unserer Sprache ist vorher schon fest verdrahtet in unserem Gehirn.

Das visuelle System ist auch vorgegeben. Um ein Haus oder einen Baum zu sehen, braucht es einen komplizierten Ablauf von Filtern, Transformations- und Erkennungssystemen. Wir müssen aber niemals lernen, wie man die Umrisse eines Objekts oder wie man ein Gesicht erkennt. Wir lernen das auf natürliche Weise ohne Anstrengung. Auch dafür ist unser Gehirn fest verdrahtet.

Des weiteren sind wir auf soziale Interaktionen spezialisiert. Wir sind geübt mit anderen Menschen umzugehen. Wir sind interessiert daran. Wir lernen es auf natürliche Weise. Wir schauen Seifenopern. Unser Gehirn ist fest verdrahtet, solches interessant zu finden!

Unser Gehirn ist nicht speziell für logische Aufgaben gebaut worden. Hier ist ein lustiger Vergleich zwischen einer logischen Aufgabe und einer Aufgabe, bei der es um Menschen geht: Wason Test.

Die logische Aufgabe: Es gibt Spielkarten, die auf einer Seite mit einem Buchstaben und auf der anderen Seite mit einer Zahl beschriftet sind. Vier Karten liegen auf dem Tisch, sichtbar ist: D, F, 3, 7. Du sollst nun kontrollieren ob die folgende Aussage auf die vier Karten zutrifft: „Wenn eine Karte auf einer Seite ein D hat, so hat sie auf der anderen eine 3.“ Drehe aber nur die Karten um die nötig sind. Welche Karten musst du drehen? Nur 1/4 der Testpersonen machten es richtig (Lösung siehe weiter unten).

Nun die zweite Aufgabe: Du bist Rausschmeisser in einer Bar. Du musst überprüfen, dass niemand Alkohol trinkt, der unter 18 Jahren ist. In der Bar sind: Ein 16 Jähriger, ein 25 Jähriger, einer der Whisky trinkt und einer der Milch trinkt. Wen kontrollierst du? Diesmal machten es 3/4 der Testpersonen richtig (Lösung siehe weiter unten).

Logisch gesehen sind die beiden Aufgaben genau gleich. Und trotzdem erscheint uns die Aufgabe mit der Bar viel anschaulicher und einleuchtender. Unser Gehirn ist genau dafür gebaut!

Aber nun zur ursprünglichen Frage zurück: Warum haben Menschen ein so grosses Gehirn?

Ridley meint unser Gehirn sei wie die riesigen Schwanzfedern des Pfaus mit den schönen Mustern. Es geht um die sexuelle Selektion. Es ist ein Red Queen Rennen um das grösste Gehirn, um die interessanteste Stimulation. Dazu erfanden die Menschen Musik, Tanz, Humor, Vorspiel beim Sex und vieles andere. Erfindertum, Vituosität und Individualität regt uns an. Und wir wollen immer mehr davon.

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Lösung des Wason-Test: umdrehen muss man D und 7.
Lösung der Rausschmeisser-Aufgabe: Du sollst den 16 jährigen und den Whisky-Trinkenden kontrollieren.

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